Ich habe schon oft gelesen oder gesehen, wie DIY-EnthusiastInnen Stoffe auf natürliche Art und Weise färben, anstatt z.B. mit chemischen Färbemitteln. Deshalb wollte ich es einfach einmal selbst ausprobieren und meine Erfahrung mit euch teilen.

Vorab aber ein kleiner Exkurs zum Textilfärben:

Konventionelle Textilfarben sind besonders in Ländern problematisch, in denen große Mengen an Kleidungsstücken hergestellt werden. Textilfärbereien sind in Wirklichkeit eine der umweltschädlichsten Technologien der Welt. Schätzungen der Weltbank zufolge sind Textilfarbstoffe und ihre Behandlung für 17-20 Prozent der gesamten industriellen Wasserverschmutzung in China verantwortlich. Dazu wird geschätzt, dass 90 Prozent des Grundwassers in der Region verseucht sind und dass 72 der in der Wasserversorgung festgestellten gefährlichen Verbindungen allein auf die Textilfärberei zurückzuführen sind.

Es gibt drei Färbemöglichkeiten:

  • Vollsynthetisch
  • natürlich
  • und reaktiv

Wer 100%-ige Umweltfreundlichkeit anstrebt, für den eignen sich natürliche, ungefärbte und ungebleichte Stoffe am meisten. Natürliche Farbstoffe haben aber mehrere Nachteile. Zur Herstellung von Naturfarbstoffen wird eine große Menge an Materialien benötigt, damit das Material in eine Form verdichtet werden kann, in der das Pigment stark genug ist, um Stoffe effektiv zu färben. All dieses Pflanzenmaterial benötigt einen Platz zum Wachsen, sowie Wasser, Pestizide und Düngemittel, die ebenfalls schädlich für die Umwelt sein können. Natürliche Farbstoffe sind außerdem schwächer und nicht so leuchtend oder lang anhaltend wie zum Beispiel Faserreaktivfarbstoffe. 

Die vollsynthetische Färbung hingegen hat enorme negative Auswirkungen auf die Umwelt. Da einige Farben krebserregende Stoffe wie Benzidin enthalten oder in diese zerfallen, haben diese Prozesse einen erheblichen Einfluss auf die Gesundheit der Arbeiter, die mit ihnen umgehen. Hunderte von Textilfabriken in Indonesien werden beschuldigt, Chemikalien und Abfälle in den Fluss Citarum zu leiten, der 35 Millionen Menschen als Trinkwasserquelle dient. Hautkrankheiten, erhöhte Krebsraten und eine verzögerte geistige Entwicklung bei Kindern wurden mit dieser Verschmutzung in Verbindung gebracht.

Die Reaktivfärbung ist auch eine synthetische Färbung verwendet aber circa 90 Prozent weniger Chemikalien verwendet als beim vollsynthetischen Färben. So arbeiten zum Beispiel viele Fair Fashion-Unternehmen, um lang anhaltende Farben, aber dennoch Low Impact Tönungen in ihren Stoffen zu kreieren. Farbstoffe der Reaktivfärbung sind normalerweise frei von Schwermetallen, chemischen Beizmitteln und Azofarbstoffe. Das heißt aber nicht, dass sie völlig natürlich und 100 Prozent sicher sind. Die negativen Auswirkungen auf die Umwelt sind aber normalerweise super gering. Man kann sagen, die Reaktivfärbung ist die umweltfreundlichste Wahl, um die bestmögliche Farbintensität und Farbechtheit zu erzielen. Es ist ein gewisser Kompromiss zwischen Funktionalität, Praktikabilität und Umweltbelastung.

Das Thema ist außerdem noch komplexer, als ich es hier auflisten kann, da man ganze Doktorarbeiten dazu schreiben könnte. Ich hoffe, dieser kleine Überblick bietet aber einen guten Ansatzpunkt.

Im privaten Bereich eignen sich also Reaktivfärbungen für langanhaltende und stärkere Ergebnisse und natürliche Färbeverfahren für softere Farben und natürliche Stoffe.

DIY: Stoffe natürlich färben

Aufgrund der hohen Materialdichte, die natürliches Färben beansprucht, ist meiner Meinung nach die nachhaltigste Variante Lebensmittelreste, die ansonsten weggeschmissen werden, zum Färben zu verwenden.

Stoffauswahl:

Stoffe aus Polyester oder Acryl oder anderen synthetischen Materialien lassen sich mit Pflanzenfarben leider nicht färben. Stattdessen sind natürliche Fasern wie Leinen, Baumwolle, Seide oder Wolle die beste Wahl. In meinem DIY habe ich einen Kopfkissenbezug sowie ein T-Shirt verwendet. Beide waren weiß, aber etwas vergilbt mit kleineren Flecken. Alle Mengenangaben beziehen sich auf ein T-Shirt oder einen Kopfkissenbezug.

Lebensmittelreste – ein paar Optionen:

  • Avocado: Avocadoschalen und -kerne ergeben warme Pfirsichtöne bis hin zu einem blassen Rosaton wie hier auf den Bildern. Avocadoschalen und -kerne können auch ganz einfach im Gefrierschrank aufbewahrt werden. Das Ergebnis sind 
  • Zwiebelschalen: Die wahren Färbemeister. Kleine Mengen Zwiebelschalen liefern bereits einen farbintensiven Sud. Gelbe Zwiebelschalen ergeben eine gelb-orange Farbe, während rote Zwiebelschalen eher ein blasses Orange mit rosa Untertönen erzielen.
  • Rote Beete: Die Schale erzielt einen satten rötlich-rosa Farbstoff. Die Farbe in den Stoffen verblasst oft mit der Zeit, leistet aber auch gute Dienste bei kurzfristigen Anwendungen wie dem Färben von Ostereiern, Zuckerguss oder Teigen.

Schritt 1 – Waschen

Im ersten Step müssen die Stoffe gewaschen werden, um alle Fette, Rückstände oder Flecken zu entfernen. Am besten eignet sich dafür Biowaschmittel.

Schritt 2 – Beizen

Um den Stoff aufs Färben vorzubereiten, muss er gebeizt werden, damit der Stoff später die Farbe gut aufnehmen kann. Als natürliche und sichere Option eignet sich hier Sojamilch. Einfach Sojamilch und Wasser in einem 1:5 Verhältnis miteinander mischen, den Stoff hinzugeben und über Nach ziehen lassen.

Schritt 3 – Farbsud herstellen

Für dieses DIY wird mindestens eine Tasse übrig gebliebene und klein geschnittene Obst- und Gemüsestücke benötigt. Diese mit circa der vierfachen Menge Wasser mindestens 1-2 Stunden in einem großen Topf mit Deckel köcheln lassen, um die Farbpigmente zu extrahieren. Mit einem Sieb die Lebensmittelreste entfernen.

Schritt 4 – Stoff färben

Den Stoff aus dem Sojamilchmix nehmen, vorsichtig mit kaltem Wasser ausspülen und dann direkt in den Farbsud geben. Mindestens eine Stunde bei sehr sehr schwacher Hitze einweichen lassen. Dabei regelmäßig umrühren, wenden und drehen, damit sich die Pigmente gleichmäßig an das Textil haften. Dazu auch stetig überprüfen, dass das Wasser nur warm ist und nicht heiß wird. Wer will kann den Stoff dazu auch noch über Nacht einweichen lassen. So kann er noch intensiver die Farbpigmente aufnehmen. Dabei aber den Topf vom Herd nehmen. 

Schritt 5 – Ausspülen

Nach dem Färben muss der Stoff unter kaltem Wasser vorsichtig ausgespült werden. Um die Farben haltbarer zu machen eignet sich ein Essigbad, in dem der gefärbte Stoff für circa eine Stunde einweicht. Hier einfach Essig und Wasser in einem 1: Verhältnis vermischen.

Danach wird der Stoff wieder mit kaltem Wasser ausgespült, vorsichtig das Wasser ausdrücken und dann zum Lufttrocknen aufhängen. Wer einen Trockner besitzt kann den Stoff noch einmal in einem kurzen Programm laufen lassen, damit die Farbe weiter fixiert wird. Vorm Anziehen oder Verwenden des Stoffes, noch einmal im Feinwaschprogramm waschen.

Das Ergebnis:

Das T-Shirt wurde mit weißen Zwiebelschalen gefärbt und erzielt ein gelb-organes und tatsächlich auch sehr gleichmäßiges Ergebnis. Nach mehreren Farbwäschen verblasst die Farbe etwas, zeigt aber immer noch einen leichten Gelbton.

Der Kissenbezug wurde nach dem Färben schön rosa und der Ton blieb auch über mehrere Wochen bestehen, bis er etwas verblasst. Auch hier wieder konnte ich ein sehr gleichmäßiges Ergebnis erzielen. Natürliches Färben erzielt nämlich immer etwas unterschiedliche Ergebnisse (je nach Intensität des Farbsuds, Einweichungsdauer und Qualität der Lebensmittel) und kann auch mal sehr fleckig werden. Wenn dies passiert, den Prozess einfach wiederholen oder die Batik-Technik einsetzen. Hierbei vorm Einweichen im Farbsud das Textil verknoten oder mit Gummis oder Schnüren abbinden.

Auf jeden Fall ist das Färben mit Lebensmittelresten super einfach, 100 Prozent natürlich, macht tatsächlich auch Spaß und das Ergebnis ist immer eine Überraschung. Habt ihr bereits mal mit Lebensmittelresten Stoffe gefärbt? Welche Lebensmittel habt ihr verwendet und was war euer Ergebnis? Habt ihr Tipps und Tricks, das Ergebnis noch haltbarer zu machen?

Quellen: 

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